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 **Torque-Teno Virus** **Torque-Teno Virus**
  
-Das Torque-Teno-Virus (TTV) wurde erstmalig 1997 im Serum eines Patienten mit Posttransfusionshepatitis nachgewiesen. In der Folge wurden weltweit Leberpatienten und Blutspenden auf den Virus getestet. Dabei wurden TTV-Infektionen bei auch nicht Hepatitespatienten, sowie gesunden Personen nachgewiesen und kommen oft als Co-Infektion vor. Schätzungsweise sind 90% aller Menschen betroffen, jedoch ohne krank zu werden. +Das Torque-Teno-Virus (TTV) wurde erstmalig 1997 im Serum eines Patienten mit Posttransfusionshepatitis nachgewiesen. In der Folge wurden weltweit Leberpatienten und Blutspenden auf den Virus getestet. Dabei wurden TTV-Infektionen bei auch nicht Hepatitespatienten, sowie gesunden Personen nachgewiesen und kommen oft als Co-Infektion vor.  
-Die Konzentration des Virus im Blutplasma steigt erstaunlicherweise trotz einer hohen Replikationsrate bei gesunden, immunkompetenten Personen nicht an. Beobachtet wird dies jedoch bei Patienten mit einem geschwächten Immunsystem. Diese Erkenntnis kann genutzt werden um den Virus als Marker für Immunsuppressiva zu verwenden.+ 
 +Schätzungsweise sind 90% aller Menschen betroffen, jedoch ohne krank zu werden. Die Konzentration des Virus im Blutplasma steigt erstaunlicherweise trotz einer hohen Replikationsrate bei gesunden, immunkompetenten Personen nicht an. Beobachtet wird dies jedoch bei Patienten mit einem geschwächten Immunsystem.  
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 +Diese Erkenntnis kann genutzt werden um den Virus als Marker für Immunsuppressiva zu verwenden.
 Beispielsweise werden Patienten nach einer Organtransplantation Immunsuppressiva verabreicht, um zu verhindern, dass das eigene Immunsystem gegen das neue Organ vorgeht und dieses langfristig erhalten werden kann. Da das TT-Virus nicht von konventionellen antiviralen Therapien beeinflusst wird und die Konzentration im Blutplasma im Verhältnis zur Konzentration und Art der Immunsuppressiva steht, können direkte Rückschlüsse auf den Immunstatus des Patienten gezogen werden.  Beispielsweise werden Patienten nach einer Organtransplantation Immunsuppressiva verabreicht, um zu verhindern, dass das eigene Immunsystem gegen das neue Organ vorgeht und dieses langfristig erhalten werden kann. Da das TT-Virus nicht von konventionellen antiviralen Therapien beeinflusst wird und die Konzentration im Blutplasma im Verhältnis zur Konzentration und Art der Immunsuppressiva steht, können direkte Rückschlüsse auf den Immunstatus des Patienten gezogen werden. 
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 Eine geringe TTV-Konzentration im Blut spricht für eine hohe Konzentration an Immunsuppressiva. Folgen können unerwünschte neuro-/nephrotoxische Ereignisse sein. Eine zu hohe Konzentration an TT-Viren im Blut weist auf eine zu geringe Menge an Immunsuppressiva hin. In Folge könnte das frisch transplantierte Organ vom Körper abgestoßen werden. Eine geringe TTV-Konzentration im Blut spricht für eine hohe Konzentration an Immunsuppressiva. Folgen können unerwünschte neuro-/nephrotoxische Ereignisse sein. Eine zu hohe Konzentration an TT-Viren im Blut weist auf eine zu geringe Menge an Immunsuppressiva hin. In Folge könnte das frisch transplantierte Organ vom Körper abgestoßen werden.
  
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 **Bakteriophagen und die Antibiotikakrise** **Bakteriophagen und die Antibiotikakrise**
  
-Antibiotika und antifungale Substanzen werden weitverbreitet in der Medizin eingesetzt, um bakterielle oder durch Pilze verursachte Krankheiten zu bekämpfen. Bei ihnen handelt es sich um sekundäre metabolische Produkte, die von Mikroorganismen produziert werden. Neben den natürlichen Antibiotika gibt es auch semi-synthetische und voll synthetische Antibiotika. Es ist noch nicht vollständig geklärt aus welchem Grund Mikroorganismen diese produzieren. +Antibiotika und antifungale Substanzen werden weitverbreitet in der Medizin eingesetzt, um bakterielle oder durch Pilze verursachte Krankheiten zu bekämpfen. 
-Leider gibt es immer weniger funktionierende Antibiotika, da viele Erreger bereits Resistenzen gegen diese gebildet haben. Es ist bereits eine Frau an einer bakteriellen Krankheit gestorben, da die Ärzte keine wirksamen Antibiotika finden konnten+Bei ihnen handelt es sich um sekundäre metabolische Produkte, die von Mikroorganismen produziert werden. Neben den natürlichen Antibiotika gibt es auch semi-synthetische und voll synthetische Antibiotika. Es ist noch nicht vollständig geklärt aus welchem Grund Mikroorganismen diese produzieren. 
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 +Leider gibt es immer weniger funktionierende Antibiotika, da viele Erreger bereits Resistenzen gegen diese gebildet haben.
 Ein großes Problem spielt die Massentierhaltung in diesem Zusammenhang. Denn beispielsweise gehört nach wie vor fast die Hälfte der beim Geflügel eingesetzten Menge an Antibiotika zu den sogenannten kritischen Wirkstoffen. Dies sind Mittel die von der Weltgesundheitsorganisation als besonders wichtig für die Behandlung des Menschen eingestuft worden sind. Sie werden auch als Reserve-Antibiotika bezeichnet. Je häufiger diese Wirkstoffe in Ställen eingesetzt werden, je schneller bilden sich auch Keime bei denen Antibiotika nicht mehr wirken.  Ein großes Problem spielt die Massentierhaltung in diesem Zusammenhang. Denn beispielsweise gehört nach wie vor fast die Hälfte der beim Geflügel eingesetzten Menge an Antibiotika zu den sogenannten kritischen Wirkstoffen. Dies sind Mittel die von der Weltgesundheitsorganisation als besonders wichtig für die Behandlung des Menschen eingestuft worden sind. Sie werden auch als Reserve-Antibiotika bezeichnet. Je häufiger diese Wirkstoffe in Ställen eingesetzt werden, je schneller bilden sich auch Keime bei denen Antibiotika nicht mehr wirken. 
-Resistente Erreger können in Folge beispielsweise über Insekten, Staubpartikel oder Wasser auf den Menschen gelangen. Einerseits gibt es nur verhältnisweise wenig Ansatzpunkte an welche Antibiotika ansetzen können, um Bakterien zu töten und weiterhin gibt es weltweit kaum noch Unternehmen, die neue Antibiotika entwickeln, da dies durch die schnelle Bildung von Resistenzen nicht mehr wirtschaftlich für diese ist.+ 
 +Resistente Erreger können in Folge beispielsweise über Insekten, Staubpartikel oder Wasser auf den Menschen gelangen.  
 +Einerseits gibt es nur verhältnisweise wenig Ansatzpunkte an welche Antibiotika ansetzen können, um Bakterien zu töten und weiterhin gibt es weltweit kaum noch Unternehmen, die neue Antibiotika entwickeln, da dies durch die schnelle Bildung von Resistenzen nicht mehr wirtschaftlich für diese ist. 
 Eine vielversprechende Alternative stellt die Therapie mit Bakteriophagen dar. Bakteriophagen sind Viren, welche ausschließlich Bakterien infizieren. Der Begriff „Phage“ leitet sich aus dem griechischen ab und bedeutet „Bakterienfresser“. Besonders entscheidend ist, dass Bakteriophagen in der Regel sehr spezialisiert auf eine bestimmte Bakterienart sind. So können sie spezifisch gegen gewünschte Bakterien eingesetzt werden ohne, wie es oft bei Antibiotika der Fall ist, viele weitere oft „gute“ Bakterien abzutöten.  Eine vielversprechende Alternative stellt die Therapie mit Bakteriophagen dar. Bakteriophagen sind Viren, welche ausschließlich Bakterien infizieren. Der Begriff „Phage“ leitet sich aus dem griechischen ab und bedeutet „Bakterienfresser“. Besonders entscheidend ist, dass Bakteriophagen in der Regel sehr spezialisiert auf eine bestimmte Bakterienart sind. So können sie spezifisch gegen gewünschte Bakterien eingesetzt werden ohne, wie es oft bei Antibiotika der Fall ist, viele weitere oft „gute“ Bakterien abzutöten. 
-Ein Beispiel stellt das Mycobacterium-Phage D29 dar. Es sind keine Krankheiten bekannt, welche dieses beim Menschen auslöst. Jedoch ist es in der Lage Tuberkulosebakterien zu infizieren und zu lysieren. Das bedeutet es stört die Integrität der Zellwand, wodurch das Bakterium getötet wird. Aktuell wird die Phagentherapie Mycobacterium-Phage D29 nur in vitro getestet, jedoch scheint der Einsatz sehr vielversprechend.  + 
-Phagentherapien sind bereits seit vielen Jahrzenten ein großes Thema, insbesondere in osteuropäischen Ländern. Auch wenn sie als sinnvolle Alternative zum Einsatz von Antibiotika erscheint, sollten wir als Gesellschaft unseren übermäßigen Einsatz dieser Reserve-Wirkstoffe überdenken, um sie auch in Zukunft als wirksames Mittel gegen bakterielle aber besonders auch fungale Krankheiten nutzen zu können. Denn Bakteriophagen wirken leider nicht gegen Pilzkrankheiten, welche in naher Zukunft eine noch größere Bedrohung, insbesondere für unsere Nutzpflanzen und die damit verbundene Nahrungsbeschaffung, darstellen können.+Ein Beispiel stellt das Mycobacterium-Phage D29 dar. Es sind keine Krankheiten bekannt, die von dieser Bakterie hervorgerufen werden könnte. Jedoch ist es in der Lage Tuberkulosebakterien zu infizieren und zu lysieren. Das bedeutet es stört die Integrität der Zellwand, wodurch das Bakterium getötet wird. Aktuell wird die Phagentherapie Mycobacterium-Phage D29 nur in vitro getestet, jedoch scheint der Einsatz sehr vielversprechend.  
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 +Phagentherapien sind bereits seit vielen Jahrzenten ein großes Thema, insbesondere in osteuropäischen Ländern. Auch wenn sie als sinnvolle Alternative zum Einsatz von Antibiotika erscheint, sollten wir als Gesellschaft unseren übermäßigen Einsatz dieser Reserve-Wirkstoffe überdenken, um sie auch in Zukunft als wirksames Mittel gegen bakterielle aber besonders auch fungale Krankheiten nutzen zu können. Denn Bakteriophagen wirken leider nicht gegen Pilzkrankheiten, welche in naher Zukunft eine noch größere Bedrohung, insbesondere für unsere Nutzpflanzen und die damit verbundene Nahrungsbeschaffung, darstellen könnten.
  
  
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 Onkolytische Viren besitzen die Fähigkeit Krebszellen zu infizieren, sich in diesen zu vermehren und sie im Anschluss zu lysieren. Das bedeutet, die Integrität der Zellwand wird gestört. Aus diesem Grund sind sie sehr interessant für die Bekämpfung von Krebs und Gegenstand der aktuellen Forschung. In einigen wenigen Anwendungsbereichen sind sie bereits zur Krebstherapie zugelassen, weiterhin sind Stand 2019 mehr als 80 Stufe I-III Studien registriert. Onkolytische Viren besitzen die Fähigkeit Krebszellen zu infizieren, sich in diesen zu vermehren und sie im Anschluss zu lysieren. Das bedeutet, die Integrität der Zellwand wird gestört. Aus diesem Grund sind sie sehr interessant für die Bekämpfung von Krebs und Gegenstand der aktuellen Forschung. In einigen wenigen Anwendungsbereichen sind sie bereits zur Krebstherapie zugelassen, weiterhin sind Stand 2019 mehr als 80 Stufe I-III Studien registriert.
-Krebszellen besitzen an ihrer äußeren Hülle spezifische Rezeptoren, über welche die Viren in die Krebszelle gelangen können. In diesen vermehren sich die onkolytischen Viren und lysieren die Zelle. Dabei werden nicht nur weitere Viren freigesetzt, welche dann weitere Krebszellen abtöten können, auch werden bestimmte Proteine, sogenannte Antigene, freigesetzt.  + 
-Nach der Infektion durch onkolytische Viren regeln die Krebszellen ihre antivirale Immunantwort als Eigenschutz herunter, um unentdeckt zu bleiben. So entsteht ein Kreislauf der viralen Infektion und durch die quantitativ hohe Tumorzelllyserate werden gleichzeitig immer mehr tumorassoziierte Antigene freigesetzt. Genau diese Wirkweise macht die Virus Therapie von Krebskrankheiten so effektiv. +Krebszellen besitzen an ihrer äußeren Hülle spezifische Rezeptoren, über welche die Viren in die Krebszelle gelangen können. In diesen vermehren sich die onkolytischen Viren und lysieren die Zelle. Dabei werden nicht nur weitere Viren freigesetzt, welche dann weitere Krebszellen abtöten können, es werden auch bestimmte Proteine, sogenannte Antigene, freigesetzt. Nach der Infektion durch onkolytische Viren regeln die Krebszellen ihre antivirale Immunantwort als Eigenschutz herunter, um unentdeckt zu bleiben. So entsteht ein Kreislauf der viralen Infektion, wobei die quantitativ hohe Tumorzelllyserate gleichzeitig immer mehr tumorassoziierte Antigene freisetzt. Genau diese Wirkweise macht die Virus Therapie von Krebskrankheiten so effektiv. 
-Normalerweise sorgen Krebszellen dafür, dass sie vom Immunsystem nicht erkannt werden können. Sie sorgen dafür, dass die Produktion der Antigene, welche notwendig sind, um die Krebszellen zu erkennen, herunterreguliert wird. Durch die Freisetzung dieser tumorassoziierten Antigene werden Mechanismen des angeborenen und adaptiven Immunsystems aktiviert. + 
-Dieser zweite Wirkungsmechanismus und von besonderer Bedeutung, da das Immunsytem jetzt in der Lage ist auch weiter entfernte Metastasen eigenständig zu bekämpfen. Man könnte es mit einer antigenvermittelten Tumor-Impfung vergleichen. +Normalerweise sorgen Krebszellen dafür, dass sie vom Immunsystem nicht erkannt werden können. Sie fungieren so, dass die Produktion der Antigene, welche notwendig sind, um die Krebszellen zu erkennen, herunterreguliert wird. Durch die Freisetzung dieser tumorassoziierten Antigene werden Mechanismen des angeborenen und adaptiven Immunsystems aktiviert. 
-Besonders vielversprechend scheint die Kombination aus einer onkolytischen Krebstherapie mit herkömmlichen Methoden zu sein. Wenn bestimmte Teil des Krebses wie Metastasen nicht auf vorangegangene Behandlungen ansprechen oder operativ entfernt werden können, kann eine Therapie mittels onkolytischer Viren hilfreich sein. + 
-Durch die Selektivität der Viren und die Auswahl nicht humanpathogener Viren ist die Virotherapie als Methode sehr nebenwirkungsarm und beschränkt sich auf grippeähnliche Symptome. Zudem wurden bereits erste Hinweise auf eine länger anhaltende Krebsimmunität beobachtet. Aus diesen Gründen scheint es sich tatsächlich um eine zukunftsrelevante Methode zu handeln, welche einen entscheidenden Teil zur Bekämpfung von Krebskrankheiten beitragen könnte. +Dieser zweite Wirkungsmechanismus ist von besonderer Bedeutung, da das Immunsystem jetzt in der Lage ist auch weiter entfernte Metastasen eigenständig zu bekämpfen. Man könnte es mit einer antigenvermittelten Tumor-Impfung vergleichen. 
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 +Besonders vielversprechend scheint die Kombination aus einer onkolytischen Krebstherapie mit herkömmlichen Methoden zu sein. Wenn bestimmte Teile des Krebses wie Metastasen nicht auf vorangegangene Behandlungen ansprechen oder operativ entfernt werden können, kann eine Therapie mittels onkolytischer Viren hilfreich sein. 
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 +Durch die Selektivität der Viren und die Auswahl nicht humanpathogener Viren ist die Virotherapie als Methode sehr nebenwirkungsarm und beschränkt sich auf grippeähnliche Symptome. Zudem wurden bereits erste Hinweise auf eine länger anhaltende Krebsimmunität beobachtet. 
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 +Aus diesen Gründen scheint es sich tatsächlich um eine zukunftsrelevante Methode zu handeln, welche einen entscheidenden Teil zur Bekämpfung von Krebskrankheiten beitragen könnte. 
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  • virus-shirts.txt
  • Zuletzt geändert: 2023/10/09 10:15
  • von fede